Mehr als 100 Jahre lang waren Telefonzellen unverzichtbar, aber der Erfolg der Mobiltelefone ließ die Telefonhäuschen – so der offizielle Name – zum Auslaufmodell werden. Doch viele der ausgesonderten Zellen werden nachgenutzt, z.B. als Kunstobjekte oder als Gewächshäuser, vor allem aber als kleine Bibliotheken. Eine solche Bücherzelle steht dank des Einsatzes von VDS-Mitglied Dagmar Caruso seit 2024 in der sächsischen Gemeinde Großpösna.
Die Idee, in ihrem Gewerbehof eine Bücherzelle zu betreiben, hatte die Unternehmerin schon vor mehreren Jahren. „Lesen bildet und ich möchte mit einer Büchertauschzelle einen Beitrag dazu leisten, diese Bildung zu fördern”, machte Dagmar Caruso ihr Anliegen deutlich. Außerdem sei es sinnvoll, gelesene Bücher weiterzugeben und diese so anderen Menschen zugänglich zu machen.
Sie nahm Kontakt zur Deutschen Telekom auf und fragte nach einer geeigneten Telefonzelle. Danach ruhte der sprichwörtliche See über zwei Jahre, ehe die Telekom sich wieder meldete. „Im Januar 2024 kam Bewegung in die Sache. Die Telekom legte mir einen Vertrag vor”, erinnert sich Dagmar Caruso. Für 500 Euro durfte sie sich in Berlin eine Telefonzelle abholen. „Eigentlich wollte ich ja eine gelbe Telefonzelle, aber die gab es nicht mehr.” Statt des gewünschten Modells „TelH 90 Sh” rollte auf einem Lkw ihrer Caruso Umweltservice GmbH eine magentafarbene Zelle nach Großpösna.
Vor dem Aufstellen per Kran wurde die künftige Bücherzelle mit Regalen komplettiert. Bei Bedarf kann die Miniblibliothek dank eines eigens verlegten Stromanschlusses beleuchtet werden. Für die Erstbefüllung der Regale stiftete Dagmar Caruso Bücher aus ihrem Bestand. Zur Eröffnung im Juli 2024 fand Daniel Strobel, der Bürgermeister der Gemeinde, lobende Worte für die Idee und das bürgerschaftliche Engagement.
Nach einem knappen Jahr zieht Dagmar Caruso eine durchweg positive Bilanz. „Das Angebot wurde vom ersten Tag an gut genutzt. Bücher werden mitgenommen, andere gebracht, die Sache funktioniert wirklich bestens. Natürlich muss ich regelmäßig nachschauen und in der Bücherzelle auch mal Ordnung schaffen. Aber das tue ich gern.”
Zum Erfolg der magentafarbenen Büchertauschzentrale trägt auch bei, dass auf dem früheren Bauernhof mehrere andere Unternehmen ihren Sitz haben, darunter ein Friseursalon, ein Nagelstudio und ein Versicherungsbüro, deren Kunden das kostenlose Tauschangebot gern nutzen.
Begeistert von der Idee und ihrer Umsetzung zeigte sich Ende Mai auch Angelika Snicinski-Grimm (links im Bild), die Leiterin der Regionalgruppe 04 des VDS. Sie nutzte einen Besuch bei Dagmar Caruso, um sich über das Projekt zu informieren. Natürlich kam sie nicht mit leeren Händen, sondern bereicherte den Bestand der Bücherzelle um mehrere Bücher. -ad
PS.: Der vorstehende Artikel ist eine kleine Fingerübung für die Mitgliederzeitschrift des Vereins Deutsche Sprache e.V., die „Sprachnachrichten”. Warum? Mein Herz schlägt für den Lokaljournalismus, doch leider komme ich viel zu selten dazu, lokale Geschichten aufzugreifen. Umso mehr hat es mich gefreut, diese nette Geschichte zu schreiben.